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Heimchen - Acheta Domesticus



Heimchen


Haltungs- und Zuchtbedingungen von Heimchen und drei weiteren Grillenarten, die ich hier vorstelle, sind sehr ähnlich. Unterschiede bestehen geringfügig in der Größe, den Entwicklungszeiten und im Zirp- und Sprungverhalten. Eine ungefähre vergleichende Tabelle dazu hier weiter unten. Daher habe ich die Rubrik "Heimchen" detailliert gehalten, die Ansprüche der anderen drei Arten sind - soweit nicht anders angegeben - so ähnlich, dass die Beschreibung des Heimchens als Vorlage für alle Grillen dienen kann.


Heimchen Mittelmeergrillen Steppengrillen Kurzflügelgrillen




Heimchen (Acheta domesticus) sind eine Grillenart, die mittlerweile praktisch weltweit vorkommt, aber warme Umgebungen bevorzugt und deswegen gerne in der Nähe menschlicher Siedlungen, an Wegrändern, Wiesen und in Steppen lebt.

Der wissenschaftliche Name Acheta domesticus bedeutet in etwa "der Sänger im Haus" und bezieht sich auf das zirpende Geräusch, das die Männchen dieser Grillengattung bei der Werbung um Weibchen erzeugen.




Inhalt





Heimchen stellen in der Terraristik seit Jahrzehnten eine wichtige und leicht zu züchtende Futterquelle dar, aber auch in der Aquaristik hat sich schon so mancher hungrige große Fisch an einer Heimchengrille gütlich getan. Allerdings springen sie gelegentlich und sind auch sonst ziemlich flink im Umgang. Beginnt dann so ein Tier, das aus der Zuchtbox entwischt ist, hinter dem Wohnzimmerschrank oder in einer unzugänglichen Ecke des Schlafzimmers nachts stundenlang zu zirpen, so ist der Nachteil dieser Gattung drastisch vor Augen geführt.

Im Fachgeschäft sind Heimchen meist in 3 Größen erhältlich: Jung, Mittel und Adult (ausgewachsen), alle zum gleichen Preis von 3 bis 4 Euro, wobei in der Packung "klein" mit Abstand am meisten Tiere drin sind. Gelegentlich gibt es auch Micro-Heimchen, die erst ein paar Tage alt sind.

Zuhause sollte man sie in einem eigenen Behälter halten; am besten kauft man eine Packung "klein" und fütttert sie selber bis zur richtigen Größe. Falls man eine Gruppe von jungen Gottesanbeterinnen damit zu ernähren gedenkt: Sie wachsen in etwa mit den Beutemachern mit.

Was das beigelegte Trockenfutter betrifft, diese wurstförmigen gepressten Pellets: Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen, es handele sich dabei um Kükenpellets, die üblicherweise mit Antibiotika und anderen unerwünschten Substanzen versetzt sind. Ausserdem sind die Heimchen, die man eben aus dem Handel geholt hat, in der Regel ausgehungert und sehr durstig. Gleich mal sich selbst einen Apfel gönnen und den Rest davon reinschmeissen!




Körperbau und Einordnung



Heimchen sind vermutlich ursprünglich in den trockenen Teilen von Nordafrika beheimatet. Da sie aber was die Futterwahl betrifft keineswegs wählerisch sind und auch längere Hungerperioden durchstehen, sind sie mittlerweile mit den internationalen Warenströmen wohl weltweit verbreitet worden. Heute trifft man sie oft in der Nähe menschlicher Siedlungen, an Stellen, wo auch während der kühleren Jahreszeiten genügend Wärme herrscht.

Heimchen zählen zu den Langfühlerschrecken, die aus den beiden großen Gruppen Laubheuschrecken und Grillen besteht (und aus einer weiteren deutlich kleineren Gruppe von höhlenbewohnenden Grillenarten). Das Grüne Heupferd (Tettigonia viridissima), ein bekannter Vertreter der Laubheuschrecken und häufiger Bewohner der heimischen Wiesen, ist daher ein naher Verwandter der Heimchen.


Heimchen. Systematik, Einordnung.




Wie alle Grillen verfügen auch Heimchen über einen gedrungenen Körper und lange Hinterbeine, die als kräftige Sprungbeine ausgebildet sind. Mit ihnen vollführen sie Sprünge bis zu 30 cm, hungrige Tiere bei hohen Temperaturen schaffen wohl noch mehr. Heimchen messen ausgewachsen etwa 18 bis 25 mm; das Weibchen ist etwas größer und rundlicher gebaut und deutlich zu erkennen an der Legeröhre ("Ovipositor"), der weitere 12 bis 15 mm misst. Mit diesem Legebohrer legen die Weibchen ihre Eier einzeln möglichst tief in feuchten Boden. Er ist bereits bei Weibchen in geringerer Länge vorgebildet, die noch nicht die Geschlechtsreife erreicht haben.

Der Körper ist hellbraun gefärbt und weist eine dunkle Sprenkelung auf. Typisch sind zwei halbkreisförmige dunkle Bögen, die sich vom einem Auge zum anderen und vom einen Fühler zum anderen ziehen.


Heimchen: Kopfpartie. Heimchen: Eiablage.
Heimchen: Kopfpartie.
Eiablage.



Wie alle Insekten wachsen Heimchen, indem sie sich häuten, wobei ihr Entwicklungstempo stark von der Umgebungstemperatur abhängt. Dabei platzt die alte Haut am Kopf auf und in einer kräftezehrenden Anstrengung kriecht das Heimchen in neuer Haut aus der alten heraus. Frisch gehäutete Heimchen sind noch blass und verletzlich, da ihre schützende Haut noch nicht ausgehärtet ist. Wenige Stunden nach der Häutung hat die Färbung nachgedunkelt.

Von den zwei Paar Flügeln, die der Grundbauplan der Insekten vorsieht, ist das erste (vordere) Paar von Flügeln bei beiden Geschlechtern kurz und kräftig ausgebildet. Das zweite Paar Flügel ist deutlich länger und ragt oft (jedenfalls beim Männchen) über das hintere Ende des Hinterleibes hinaus. Beide Geschlechter können wohl gut mit diesen zweitem Flügelpaar fliegen, auch wenn sie das (insbesondere bei niedrigen Temperaturen) wohl ausgesprochen ungern tun.

Das erste Paar Flügel dient als Deckflügel (Tegmina), die im Ruhezustand das zweite Paar von Flügeln zumindest bis etwa zur Hälfte der Körperlänge abdecken und mechanisch schützen.




Heimchen - Acheta domesticus: Häutung. Heimchen: Zirp-Leiste.
Häutung
Zirpleiste: Stridulation.



Beim Männchen dient das erste Paar zusätzlich zur Erzeugung der Zirptöne. Dabei werden beide Flügel etwas angehoben und gegeneinander bewegt. nun streicht eine verstärkte Ader (Schrillkante) des einen Flügels über die Schrillleiste (Zirpleiste) des anderen Flügels. Die Schrillleiste ist mit vielen kleinen Zähnchen versehen, so dass bei der Bewegung Vibrationen entstehen, die von den restlichen Teilen des Flügels quasi wie von einer Lautsprechermembran verstärkt und an die Luft abgegeben werden (Stridulation).

Auch wenn der Bau der Flügel spiegelblildlich gleich ist, arbeiten stets die Schrillzähne des rechten Flügels gegen die Schrillkante des linken Flügels.

Man kann sich dieses Prinzip auch verbildlichen indem man sich eine Laubsäge vorstellt, die über Wellblech schrubbt - und ähnlich wohltönende Geräusche hervorbringt. Weibchen besitzen keine lauterzeugenden Körperteile.

Der Schall wird bei Heimchen vermutlich über Sinnesorgane in den Vorderbeinen wahrgenommen.

Die beiden auffallenden Fühler sind anderthalb mal so lang wie der gesamte Körper und gut beweglich.

Heimchen sind zwar im Grunde nachtaktiv, lassen sich aber auch tagsüber durchaus sehen, vor allem dann wenn sie vom Geruch von frischem Futter angelockt werden.




Behälter



Das ist Acheta City, bei mir auf dem Balkon. Ungedüngter Torfboden (Weißtorf), ein paar Steine und ein Karton. Man kann auch Sägespäne oder Zeitungspapier als Bodengrund verwenden, das ist eine Frage des Geschmacks. Ich hab das Terrain ein paarmal geändert und bin wieder bei etwas "natürlichem" gelandet. Die blauen und weißen Spitzen stammen aus einem Design davor; ursprünglich sind sie von einer Deckenhalogenlampe übriggeblieben.


Heimchen - Acheta Domesticus: Behälter.
Heimchenbehälter



Wichtig sind genügend Kletteroberfläche und ein Unterschlupf. Ein Eierkarton bietet beides, und man kann auch zwei oder mehrere Kartons ineinander setzen um platzsparend Oberläche zu schaffen.

Ebenso bieten sich als Verstecke leere Toilettenrollen an, oder -für kleine Jungtiere - eine oder zwei längs gefaltete Rolle in eine ungefaltete eingesteckt; gerne mehrere davon wabenförmig wie ein Holzstoß aufeinandergelegt. Für Jungtiere auch Kiefernzapfen.

Als Behälter eignen sich die bekannten Faunaboxen, aber auch kleinere Aquarien, sofern für eine gute Belüftung gesorgt ist. Auch kleine Behälter von 15 x 20 cm Bodenfläche funktionieren. Styroporbehälter und Behälter aus Pappe werden durchgenagt.

Die Faunabehälter oder ein ausrangiertes kleines Aquarium bietet sich auch deswegen an, da die Kleinen die Wände nicht hochklettern können. Allerdings springen sie gelegentlich, was einen dicht schließenden Deckel nötig macht. Wenn sie dann gegen die Behälterwand knallen ist das deutlich zu hören; man sollte den Behälter also nicht unbedingt auf dem Nachtisch stehen haben. Anders als bei diesem Behälter (oben), in dessen Boden sich Heimcheneier befinden, sollte der Behälter bei erwachsenen Heimchen insgesamt eher trocken bleiben.

Während Jungtiere eine Feuchtigkeit von 60% bis 80% bevorzugen (aber auch mit weniger gut auskommen), benötigen erwachsene Grillen dauerhaft Trockenheit. In ein Behälter, der geschützt im freien Stand und durch leichten Sprühregen innen klamm wurde (kein stehenden Wasser), verendeten alle erwachsenen Tiere innerhalb von 12 Stunden. Ich glaube, dass es keinen Pflegefehler gibt, keinen Hunger oder Durst oder irgendetwas anderes, was den Heimchen so sehr zusetzt wie kühle Nässe.

Einige Lagen aus Zeitungspapier oder Wellpappe als Bodengrund in einem Behälter für erwachsene Heimchen nehmen einen Teil der Ausscheidungsfeuchtigkeit der Heimchen auf.

Im Grunde benötigen Heimchen als nachtaktive Tiere keine Helligkeit und können sich auch bei Dunkelheit ernähren und fortpflanzen. Allerdings sollte man stets bestrebt sein, die Haltung nicht vollends unnatürlich werden zu lassen - ein gewisser Hell-Dunkel-Rhythmus ist daher sicher wünschenswert. Auch eine schwache Beleuchtung reicht.


Heimchenschloss
Brutkasten


Die Inneneinrichtung links hab ich mal während eines verregneten Wochenendes gebastelt. Mit dem Effekt, daß die Heimchen bis unters Dach klettern konnten und durchs Dach hindurch in die Wohnung kamen. Ich hab recht spät bemerkt, dass richtig viele durchkamen, genaugenommen erst dann, als sie hinter den Küchenmöbeln zu zirpen anfingen. Da gab es Augenblicke da wünschte ich, ich hätte einen Flammenwerfer oder DDT.

Rechts: Ein Heimchenbrutkasten. Wenn sich der Aufwand hätte lohnen sollen, hätte ich ungefähr eine Million Heimchen züchten müssen.

Wer rationell Heimchen mit schneller Generationenfolge züchten will, dem sei eine Heizung empfohlen. Zwar ist eine Haltung und Vermehrung bei Zimmertemperatur von 22°C durchaus möglich, richtig zügig läuft die Zucht aber erst bei einer Temperatur von etwa 27°C oder höher. (Als Obergrenze gilt 33°C.) Ebenfalls sorgt Wärme auch für Trockenheit.

Als Heizung ist lassen sich Wärmestrahler verwenden, die von oben heizen. Sie können gleichzeitig für eine Beleuchtung sorgen.

Auch Heizsteine, die für Reptilien verwendet werden, sind geeignet, wenn man auch stets dafür sorgen sollte, dass keine Heimchen entlang der Stromzufuhr und der dazu nötigen Öffnungen im Behälter entwischen.

Ich bevorzuge eine Heizung des Bodens, da hier die Wärme sehr gleichmäßig abgegeben wird. Da Wärme stets nach oben strebt, halte ich das auch für eine effiziente Methode. Dicke Bodenschichten sind allerdings nicht mehr möglich, sie würden isolieren und den Wärmefluss unterbinden. (Vermutlich sind bereits anderthalb Zentimeter Sand zu viel.)

Hier ein ambitionierteres Modell, mit dem die Temperatur gesteuert werden kann. Die Heimchenbehälter rasten dabei in die Öffnungen ein.


Heiz-Unterlage
Behälter mit Bodenheizung



Das Ganze ist mit Holzstäben (10 mm / 10 mm / 15 mm) aus dem Baumarkt mit Holzleim verleimt. Das 15 Watt Heizkabel wird über einem Dimmer angesteckt. (15 Watt ist so dimensioniert daß bei einem Defekt am Dimmer, der zur vollen Leistung führt, das Holz nicht kritisch erwärmt wird.) Eine Stoffabdeckung unter dem Behälterdeckel führt zu einer Temperaturerhöhung um etwa 2°C, unter einer Eierpappe ist es ebenfalls 2°C wärmer als im "Freien". Beide Effekte addieren sich natürlich. Bei einheitlicher Bodenwärme läßt sich so in jedem Behälter eine individuelle Temperatur und individuelle Temperaturzonen erreichen.

Bei einer Bodenheizung verdirbt natürlich bereitgelegtes Obst und Gemüse deutlich schneller als bei Zimmertemperatur, andererseits ist der Flüssigkeitsbedarf der Bewohner erhöht - damit wird eine Tränke empfehlenswert. Junge Heimchen verdursten schneller als Erwachsene. Eine Woche bei 29°C ohne Flüssigkeitszufuhr genügt, um die Mehrzahl der Individuen verenden zu lassen.




Nahrung



Pflanzliche und tierische Stoffe: Fischfutter für Aquarienfische (sehr beliebt!), Früchte (z.B. das was von einem Apfel übrigbleibt) Salatgurken, Karotten, Salat, Haferflocken, Katzen- und Hundetrockenfutter, Hundeflockenfutter, salzlos gekochter Reis, sogar alte Brotkrumen und Pizzabrösel. Küchenschneidereste verschiedenster Art. Auch Löwenzahn oder Wegerich, den man vom Sonntagsnachmittagsspaziergang mitbringen kann. (Sofern der Spaziergang nicht auf einem Autobahnstreifen verlief und der Löwenzahn von dort wegen der Abgase ungenießbar ist.)

Verzichten sollte man auf Gesalzenes (das in der Natur nicht vorkommt), ebenso Bananenschalen und Salat aus nichtbiologischem Anbau - beides ist so sehr mit Pestiziden behandelt dass ihre Verfütterung ein Risiko darstellt.

Insgesamt hat sich eine getrennte Verfütterung von dauerhaftem Trockenfutter in Kombination mit feuchtem, frischem Obst bewährt. Über das nasse, frische Futter wird auch der Wasserbedarf gedeckt. Das kann um eine Tränke ergänzt werden, die als Notfall-Wasserquelle dient und die gegen hineinfallende Heimchen gesichert werden muss.

Es gibt im Handel zwei Sorten von Heimchenfutter:

Das soll zum einen der Lebenderhaltung dienen, also eine Grundversorgung sichern, so dass die Heimchen nicht verhungern. Zusätzlich sind oft Vitamine beigemischt. Solches Futter, in Verbindung mit einer Tränke stellt eine Minimallösung dar.

Andere, hochwertige Heimchenfuttersorten sollen nicht nur dem Heimchen selbst zugute kommen, sondern auch dem Tier, das das Heimchen frißt, weil der Mageninhalt des Heimchens (halbverdaute Pflanzenreste) wichtig ist für eine gute Nährstoffversorgung des Beutemachers. Das gilt meines Wissens für einige Reptilien.


Heimchen beim Fressen
hungriges Jungtier



Wer sicher gehen will die Heimchen biologisch zu ernähren, kann sich keimfähiges Getreide aus dem Reformhaus besorgen und das im Heimchenbehälter hochwachsen lassen; die Heimchen fressen dann die Sprösslinge runter (wenn auch mit wenig Begeisterung - Biogurken sind da schon wesentlich beliebter).

Heimchen ertrinken sehr schnell. Wer eine Wasserversorgung reinstellen will sollte das mit einem Schwamm o.ä. realisieren. Dochte wie von kleinen Öllampen taugen auch. Genügend frisches Grünfutter vorausgesetzt ist aber eine gesonderte Tränke nicht nötig.

Hier einige Varianten einer selbstgebaute Heimchentränke. Der Deckel einer Fischfutterdose wurde dazu mit einer Akkubohrmaschine durchbohrt (4mm Lochdurchmesser), anschließend ein Flachbanddocht durchgezogen.


Heimchentränke
Wasserstelle



Die Tränke wird ohne Zögern angenommen und funktioniert wunderbar, allerdings muss man den Docht für die Tiere erreichbar machen und ihn quasi an einen Verkehrsknotenpunkt stellen. Die Dose einfach so reingestellt wäre nutzlos, da die Heimchen an ihren glatten Wänden nicht hochklettern können.


Vogeltränke, gesichert
Tränke, selbstgebaut



Links: Vermutlich war das eine Vogeltränke oder etwas für Nager; Bei Heimchen funktioniert das genausogut, falls man den Wasserauslass unten mit etwas Watte absichert, so dass keine Tiere hineinfallen und ertrinken. Das Gerät besteht aus zwei Teilen, dem durchsichtigen Wasserbehälter und den schwarzen Wasserauslass darunter. Zum Befüllen trennt man beide Teile, befüllt den durchsichtigen Behälter, steckt das andere Teil obendrauf und dreht erst dann das Ganze wieder um. Vorteil hier: Der Wasserpegel ist sichtbar. (Eventuelle Algen schaden nicht.)

Rechts: Eine Selbstbau-Variante, die ebenfalls den Wasserpegel erkennen lässt. Das umgedrehte Glas kann allerdings den untergelegten Stoff ganz abdichten, so dass auch bei vorhandenem Wasser die Tränke austrocknet. Unbedingt sollte man etwas unter den Rand des Glases unterlegen (z.B. Schachlikstäbchen).



Auch Kannibalismus gibt es bei Heimchen. Ich glaube nicht dass es an mangelnden Futter liegt; vermutlich war das Opfer während seiner Häutung, wenn der neue Chitinpanzer noch nicht hart ist und keinen Schutz bietet, einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Da Häutungen normalerweise im Dunkeln passieren ist Kannibalismus womöglich stärker verbreitet als gedacht.




Heimchen. Kannibalismus. Heimchen. Kannibalismus.
Kannibalismus.
Angenagt.



Eine vernünftige, nicht überhöhte Besatzdichte, genügend Verstecke, in die sie sich zur Häutung zurückziehen können und einigermaßen Proteinhaltiges Futter (Katzentrockenfutter) sollten Kannibalismus auf ein Minimum zurückdrängen.




Wachstum und Fortpflanzung



Sobald eine Generation erwachsen ist, beginnen die Männchen mit ihrem Zirpgeräusch; je nachdem ob sie ihre Revieransprüche geltend machen oder Paarungsbereitschaft signalisieren können sie unterschiedlich klingende Zirpgeräusche produzieren. Gerade einsame Männchen,. die keine Artgenossen um sich herum haben, zirpen besonders laut. (Beispielsweise das flinke Tier, das neulich aus der Zuchtbox entwischt ist und nun Nacht für Nacht hinter dem Schlafzimmerschrank schmachtende Liebesgesänge schmettert.)

In einer Gruppe in Hörweite zirpen die Männchen wohl eher ausdauernd bis tief in die Nacht.

Die Weibchen wandern auf die ortstreuen zirpenden Männchen zu. Die Paarung dauert nur sehr kurz, wobei das Männchen unter das Weibchen kriecht. Dabei übergibt das Männchen ein Spermapaket an das Weibchen. Dann ist es nicht mehr weit bis zu Eiablage, die zwei bis drei Tage später erfolgt. Dazu benötigen die Weibchen feuchtes Substrat, in das die Eier mit dem Legebohrer abgesetzt werden, am besten Torf (Weißtorf), Anzuchterde o.ä. (keine stark gedüngte Blumenerde). Ausgezeichnet funktioniert Kokosfaserhumus, evtl. vermischt mit etwas Sand.

Dieses Eiablagesubstrat wird in eine kleine Box eingefüllt und in die Zuchtbox zu den Weibchen gestellt. Der Kunststoffbehälter, in dem die Heimchen im Handel verkauft werden, ist ausgezeichnet geeignet. Aber auch leere Schalen, in denen Frischkäse, Fleischsalat oder Joghurt verkauft wurde, sind gut geeignet.




Heimchen - Acheta domesticus: Eiablagebox. Heimchen: Ei.
Eiablagebox
Heimchen-Ei.
Vergrößerung ca. 100x.



Es gibt auch Methoden, den Heimchen als Substrat einen Steckschwamm oder Küchenschwamm vorzusetzen. Bei mir hat das nie funktioniert. Ebenso hab ich mal Seramis probiert, aber die Heimchen nehmen das nicht an. Noch eine Möglichkeit wäre Watte. Da gibt es vollsysthetische Watte wie sie als Aquarienfilter verwendet wird und Baumwollwatte. Baumwolle wäre mal einen Versuch wert - die systhetische Watte wird wohl kaum funktionieren weil sie die Feuchtigkeit nicht aufsaugt und nicht verteilen kann.

Da Heimchen beim Fressen vor nichts zurückschrecken und auch ihre eigenen Eier fressen, ist es unbedingt erforderlich, die Oberfläche dieses Eiablagebehälters mit einem Netz abzusichern. Heimchen graben mitunter sogar hartnäckig nach den Eiern um sie zu fressen. Ein Moskitonetz ist gut geeignet. Falls es zum Ei-Behälter einen Deckel gibt, kann man aus ihm eine größere Fläche ausschneiden, so dass der Rand, mit dem er befestigt wird, noch intakt ist. Dann legt man das Netz deckend auf den Ei-Behälter und schließt mit dem Deckel.




Heimchen, Paarung.
Spermapaket am Abdomen.



Lässt man den Eiablagebehälter längere Zeit in der Zuchtbox, so ist unbedingt darauf zu achten dass er nicht austrocknet. Mit einigen kleinen Löchern unten eingeschnitten und auf einen Deckel gestellt wird die Ei-Box bewässerbar wie ein Blumentopf. Da Substrat sollte nie ganz trocken werden, aber auch nicht patschnass.


Eiablage.
Einzelne Eier im Boden.



Nach einigen Tagen verfrachtet man die Dose in einen eigenen Behälter und nimmt das Schutznetz wieder runter damit die Jungheimchen, sobald sie schlüpfen, aus dem Boden raus krabbeln können. Die Eier sind 2 mm lang mit ca. 0,5 mm Durchmesser und hellbraun bis weißlich gefärbt - mit bloßem Auge gerade noch gut auszumachen. Ihre Schlupfzeit ist stark temperaturabhängig, bei Raumtemperatur von 20°C oder noch weniger kann man mit knapp 4 Wochen rechnen.




Eierdieb.
Jungtier, ca. 1 Woche alt.



Ich habe auch versucht, ohne Ei-Box zu züchten, indem ich den gesamten Behälter ca. 4 cm hoch mit Torf befüllt habe und darauf vertraute, die Weibchen würden sich mit genügend anderweitigem Futter schon sattkriegen lassen und das Graben nach Eiern bleiben lassen. Das hat nur zum Teil funktioniert. Tatsache ist, dass die Ausbeute schon sehr klein bleibt; womöglich verteilt sich der Ausfall auch und Schimmel oder andere Faktoren im Boden bringen viele Eier zum absterben, bevor sie schlupfreif sind.

Für eine kontinuierliche Zucht verwendet man einen größeren Behälter, in dem sich, abhängig von der Größe, beispielsweise etwa 20 Weibchen und 5 Männchen befinden. Eine Ei-Ablagebox wird jeweils füe eine Woche eingebracht und dann durch eine neue ersetzt. Die Eiablageboxen, die abgelegte Eier enthalten, werden in eine von mehreren Jungtierboxen verfrachtet, wo die Jungtiere schlüpfen und aufwachsen. Die Anzahl der Jungtier-Boxen hängt dabei von der zu erreichenden Größe der Tiere ab.


Hier ein eher zufällig entstandenes Video; es zeigt den Schlupf eines jungen Heimchens.







Sobald die Jungtiere schlüpfen beginnen sie zu fressen. Im Aussehen ähneln sie bereits sehr den Erwachsenen, und was die Ernährung betrifft gibt es kaum Unterschiede. Fischfutter lässt sich besonders gut fein zerbröseln und in den Behälter einbringen. Falls man Futter in einem Schälchen reicht: Die Wandhöhe kann ein Hindernis darstellen, unbedingt eine Art Übergang oder Brücke bauen. Die Kleinen haben wie die Erwachsenen einen sehr guten Geruchssinn, der sie zur Nahrung führt.

Junge Heimchen von unter einem Zentimeter Länge (vor der dritten Häutung) benötigen eine etwas höhere Luftfeuchte als erwachsene Tiere (60% bis 80% relative Luftfeuchte- unter Vorbehalt! Vorsicht beim Nachfeuchten. Keine Tropfenbildung am Behälterboden.). Belässt man die Ei-Ablagebox, aus der die Jungen stammen im Behälter und feuchtet sie gelegentlich nach, so ergibt sich daraus ein passendes Mikroklima.




Temperatur und Entwicklungszeiten



Heimchen kommen mit einen weiten Temperaturbereich zurecht. Allerdings beschleunigt sich ihre Entwicklungsgeschwindigkeit erheblich mit zunehmender Temperatur.

Ab einer Temperatur von 22°C wird eine Zucht interessant, soll die Entwicklung schneller vorangehen, ist eine Heizung nötig. Varianten, die mittels eines Heizkabels Bodenwärme erzeugen, sind weiter oben beschrieben. Auch Wärmestrahler oder Heizsteine funktionieren natürlich.




von Eiablage bis Schlupf von Schlupf bis Adult
23°C 18 - 20 Tage 8 Wochen
30°C 10 Tage 5 -6 Wochen



Dem ist hinzuzufügen, dass die Entwicklungszeiten von einzelnen Heimchen erheblich differieren, auch wenn sie bei gleichen Haltungsbedingungen aufwachsen und aus dem gleichen Wurf stammen. Oft bilden sich einige besonders große Individuen heraus, während die meisten anderen Tiere erst zwei Drittel der Körperlänge aufweisen. Auch gibt es viele Nachzügler, die nur wenig zu wachsen scheinen.

Die obigen Angaben beziehen sich diese Gruppe von schnell wachsenden Tieren, die in einem Wurf etwa ein Fünftel bis ein Zehntel der Tiere ausmachen. Diese Angaben sind daher als Maximalangaben zu verstehen.




Heimchen als Futtertier



Ich hab hier mal die Tabelle des kommerziellen Hemchenzüchters, was die Zusammensetzung eines Heimchens betrifft.

Feuchtigkeit 73 %
Rohprotein 19 %
Rohfett 4 %
Rohasche 1 %


Ein großer Vorteil der Heimchenzucht besteht darin, Futtertiere von sehr unterschiedlicher Größe gleichzeitig zur Verfügung zu haben. Das beginnt bei einer Größe die vergleichbar ist mit der einer Ameise, bis zum ausgewachsenen Tier von über 2 cm Länge.




Schädlinge in der Heimchenbox



Speckkäfer, Larve.
Speckkäfer, adult.



Hier der einzige Schädling der sich jemals in eine der Heimchenboxen eingenistet hat. Die Larven ernähren sich von toten Heimchen - ganz sicher bin ich mir aber nicht ob die nicht im Zweifelssfalle auch an lebende Heimchen gehen. Es handelt sich dabei um den Gemeiner Speckkäfer (Dermestes lardarius). Bevorzugt werden bereits getrocknete tote Insekten. Von einer räuberischen Lebensweise ist in der Literatur nichts bekannt.




Fangen und Verfüttern - von Umgang mit den Springern



Eine einigermaßen rationelle Art des Heimchenfangs wäre eine leere Toilettenrolle, die an der einen Seite mit Pappe lichtdicht verschlossen ist. An der offenen Seite wird eine kleine Einkerbung von einem knappen Zentimeter eingeschnitten.

Hochkant mit der Öffnung nach unten im Behälter dauerhaft aufgestellt (so dass die Heimchen durch die Einkerbung ins Innere kriechen können) werden immer einige Heimchen unter dem Deckel sitzen. Zum Verfüttern nimmt man die Rolle raus und schnipst mit dem Finger gegen den Deckel, und die Heimchen fallen in den Behälter ihrer Beutemacher. Man kann zwar nicht genau kontrollieren wie viele Heimchen rauskommen und wie groß die Futtertiere sind (das ist ein echter Nachteil), aber allemal noch besser als bis zur Entnervung den Viechern mit der Pinsette hinterherzujagen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, einige Tiere innerhalb ihres Behälters aus den Eierkartons (oder der Pappröhre) in eine im Kühlschrank vorgekühlte Tasse o.ä. zu schnipsen. und sie weitere 15 Minuten (mit Deckel) in den Kühlschrank zu stellen und sie somit kältestarr zu machen. Wird die Tasser vorher im Gefrierfach ordentlich abgekühlt, ist der Effekt noch stärker. Eine große, dickwandige Tasse hält die Kälte etliche Minuten, während derer die Heimchen per Pinsette leicht zu verfüttern sind.

Zwar ziehen sich Heimchen bei Erschütterung gerne ins Dunkle zurück - also noch weiter in die Pappröhren hinein statt ins Freie zu flüchten - eine absolut sichere Art, die Tiere umzusetzen ist das auch nicht. Sicher geht das nur im Freien, auf dem Balkon oder in einer Badewanne.

Steht keines davon zur Verfügung, sollte das Hantieren bei einem offenen Zuchtbehälter in der Wohnung sehr bedächtig und konzentriert erfolgen. Vor dem Öffnen des Behälters ist die Unterseite des Deckels zu prüfen, ob da nicht doch ein Heimchen sitzt. Ist der Behälter dann offen: Nie hineinatmen, Atemluft erschreckt die Tiere ungemein. Stets eine Fliegenpatsche griffbereit halten und im Falle eines Falles keine Sekunde zögern! Dabei hilft eine gute Beleuchtung, die auch die im Behälter befindlichen Tiere dazu bringt, sich eher zu verstecken. Ein übersichtliches Gelände um die offene Box herum hilft, entlaufene Grillen schnell mit der Patsche zu erledigen. Nie die offene Box aus den Augen lassen! Heimchen fressen manchmal regelrechte Gänge durch Obst und Gemüse: Solche angefressenen Stücke vor der Entnahme abklopfen. Stets gilt die Devise: Lieber ein totes Heimchen als nächtelang keine Schlaf. Auch ein großer Behälter mit hohen Wänden verringert die Wahrscheinlichkeit eines ungezielten Sprunges ins Freie. (Wer experimentieren will: Eine hochelastischer, leichter Boden nimmt viel Energie aus dem Sprung; vielleicht lässt sich Holzwolle im Behälter deckend verteilen. Wer sich an einem Strohhalm abstossen muss kommt nicht weit.)

Auch kann es nützlich sein, mit der Pinsette während der Kältestarre ein oder beide hintere Sprunggelenke unbrauchbar zu machen, so dass ein Sprung für das Heimchen nicht mehr möglich ist. Ich halte das vertretbar.



Erfahrungsgemäß überlebt ein Heimchen wenn man es im Kühlschrank vergisst 24 Stunden. 3 Tage allerdings überlebt es nicht. Stellt man die Tiere in das Gefrierfach und belässt sie dort nur einige Minuten zu lange, kommen sie wie tot wieder raus. Diese Schockstarre kann Stunden dauern, danach werden die Tiere wieder quicklebendig. Das kann bös ins Auge gehen, also Vorsicht bei scheintoten Heimchen.

Die Gefahr einer Vermehrung von Heimchen in einer Wohnung besteht nicht, da es normalerweise an geeigneten Eiablagesubstrat mangelt. - In einem beheizten Gewächshaus etwa sieht das womöglich anders aus.




Andere Grillenarten



Heimchen Mittelmeergrille Steppengrille Kurzflügelgrille
Zirpen laut sehr laut leise mittel
Springt weit wenig kaum sehr weit
Robustheit gut weniger sehr gut sehr gut





Schluß



Heimchen.
Die Haltung und Zucht von Acheta domesticus ist einfach und billig, da die Ansprüche gering und sie weitgehend unempfindlich gegenüber Krankheiten und Parasiten sind. Von allen Grillen scheinen sie am geeignetsten zu sein für eine kommerziell verwertbare Massenzucht.

Im Gegenzug springen sie mitunter recht ansehnliche Strecken, falls sie gescheucht werden, oder auch spontan. Falls ein Tier entwischt, ist es erstaunlich wie lange es in einer Wohnung überleben kann - lange genug um das Erwachsenenstadium zu erreichen und das Zirpen zu beginnen. Ein Giftköder ist dann unvermeidlich. (Die Klebefallen taugen überhaupt nichts.)

Vielleicht macht man das Umsetzen der Heimchen am besten in einer Badewanne oder im Freien; ein Patentrezept habe ich noch nicht gefunden. Eine Isolationskammer, wie man sie vom Umgang mit radioaktiven Isotopen oder aggressiven Vieren wie Ebola kennt, erscheint mir optimal aber kostenintensiv. Auch hier kann man experimentieren. Ich bin jedenfalls froh einen Balkon zu haben; da draußen können sie zirpen wie sie wollen und Freigänger stören auch nicht.

Mittelmeergrillen, Steppengrillen und Kurzflügelgrillen springen zum Teil deutlich seltener, zirpen leiser und weniger schrill und bewegen sich insgesamt deutlich weniger. Sie stellen damit durchaus interessante Alternativen zum Heimchen dar.

Links oben: Das Lebensziel eines jeden Heimchens. Wie immer gilt der Satz: Du bist was Du isst - abwechslungsreich ernährte, gesunde Heimchen tragen zur guten Entwicklung ihrer Beutemacher bei.











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