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Grindal - Enchytraeus buchholzi



Grindal
etwa 4 mm langer Grindal




Entdeckung


Morton M. Grindal, die ebenfalls für die Einführung der Mikrowürmer verantwortlich zeichnet, hatte zwei einzelne Würmer entdeckt, die deutlich kleiner bleiben als die bereits bekannten Enchyträen. Ob sie diese zwei Individuen nun in einer Kulturschale für tropische Pflanzen oder in einer Enchyträenzucht entdeckte mag dahingestellt sein - zwei Grindalwürmchen in einem Haufen Enchyträen zu entdecken ist durchaus eine Leistung.

Da die neu entdeckten Würmchen im Wasser auseinanderstreben, während die Enchyträen sich verklumpen, war eine Trennung relativ leicht. 1952 gelangten die Würmchen schließlich auch ins Nachkriegsdeutschland und wurden von Dr. Schulz als Enchytraeus buchholzi identifiziert, eine bereits bekannte Art, die ein Herr Vejdovsky 1879 erstmals beschrieben hatte. Der umgangssprachliche Name blieb aber zu Ehren der Entdeckerin Grindalwürmchen oder schlicht Grindal.



Einordnung


Grindal sind als Vertreter der Familie der Enchytraeidae Teil der großen Gruppe der Ringelwürmer (Gliederwürmer). Im Unterschied zu den ebenfalls wurmförmigen (oder besser fadenförmigen) Nematoden besitzen die Ringelwürmer einen Körperaufbau, der aus einzelnen, meist sehr ähnlichen Segmenten besteht. Mit den Nematoden sind sie daher nur sehr entfernt verwandt - viel näher stehen sie den Regenwürmern oder kleinen Würmchen wie dem Öltropfenwurm Aeolosoma.


  • Ringelwürmer (Annelida)

    • Vielborster (Polychaeta)

      • Meeresringelwürmer (Nereidae)

    • Gürtelwürmer (Clitellata)

      • Egel (Hirudineae)

      • Wenigborster (Oligochaeta)

        • Bachröhrenwürmer (Tubificidae) - dazu gehören auch die bekannten Tubifex

        • Regenwürmer (Lumbricidae)

        • Enchytraeidae





Beschreibung


Die etwa 200 bis 300 verschiedenen europäischen Gattungen und Arten der Familie Enchytraeidae (Weißwürmer) leben an feuchten, humusreichen Orten wie Waldböden (in morschem Holz), Mooren, Dunghaufen, altem Laub, Komposthaufen aber auch im Schlamm von Binnengewässern, wo sie sich von totem, sich zersetzendem (meist) pflanzlichem Material ernähren. Sie leisten dabei wie der Regenwurm einen wichtigen Beitrag zur Humusbildung. Allerdings sind sie nicht in der Lage, eigene Fraßgänge zu graben; sie sind auf Hohlräume und lockeren Boden angewisesen. Es gibt eine Theorie, wonach sie Würmer ihre Nahrung vor der Aufnahme außerhalb des Körpers mit Hilfe eines Speichelsekrets vorverdauen. Sie erreichen eine Körperlänge von 4 bis 50 mm. Atmungsorgane sind nicht vorhanden, der Gasaustausch erfolgt über die Haut. Als Vertreter der Gattung Wenigborster (Oligochaeta) besitzen Enchytraeidae an jedem Körpersegment (außer am ersten) vier Büschel von Hakenborsten, die die Fortbewegung unterstützen.

Die Vertreter der Familie Enchytraeidae kommen weltweit vor, ihre Artenvielfalt ist schwer zu überblicken. Auch der Gletschereiswurm (Mesenchytraeus solifugus) findet sich hier.

In der Gattung Enchytraeus finden wir nun die beiden Arten, die als Lebendfutter Für Fische genutzt werden. Die bekannten "Enchyträen" (engl. white worms, die großen Geschwister des Grindalwurms) heißen im Fachjargon Enchytraeus albidus, der Grindalwurm selbst heißt Enchytraeus buchholtzi.


Grindal Grindal
Die Körper sind kaum pigmentiert, die Verdauungskanäle sind durchscheinend.



Grindal werden etwa 7 bis 10 mml ang bei quasi fadenförmiger Gestalt, d.h. der Durchmesser bleibt deutlich unter 0,5 mm.



Fortpflanzung


Enchytraeidae sind eierlegende Zwitter. Wie alle Gürtelwürmer verfügen sie über eine wulstige Segmentgruppe im vorderen Drittel des Körpers, die der wechselseitigen Spermaübertragung und der Eikokonbildung dient. Nach der Paarung, bei der wechselseitig Sperma und Eizellen getauscht werden, legen beide einen transparenten Kokon, in dem sich eine Handvoll Eier befinden. Bei etwa 20°C beträgt die Generationenabfolge (Kokon bis Kokon) ca. 1 Monat.


Grindal Grindal
Diese beiden Objekt habe ich im Substrat einer laufenden Kultur gefunden.
Ihre Größe entspricht knapp dem Durchmesser eines Grindalwurms..
Offensichtlich Gelege, auch wenn mir der letzte Nachweis fehlt.






Haltung und Zucht


Es gibt ungefähr eintausend Haltungsrezepte im Netz, die von ihren Autoren sämtlich als das jeweilig definitiv einzige das funktioniert hingestellt werden. Ich beschränke mich daher auf meine Methode und verweise nur kurz auf Alternativen.

Im Grunde geht es immer darum, eine feuchte Umgebung herzustellen, die die Grindal durchkriechen können. Sehr vorteilhaft sind Substrate, die Wasser binden können und deswegen eine feuchteregulierende Funktion übernehmen. Die Modelle reichen von locker vernagelten Holzkisten mit Torffüllung bis hin zur Ferero-Rocher-Dose ausm Lidl. Auch Keramik ist geeignet, der Behälter muß aber insgesamt atmungssaktiv sein. Zum Einsammeln der Grindal liegt eine Plastik- oder Glasscheibe auf der Substratoberfläche; die Grindal sammeln sich darunter und kleben dran wie Nacktschnecken unter Rhabarberblättern - man braucht sie nur abzustreifen. Diese Scheibe (d.h. ihre Unterseite) ist gleichzeitig auch Futterstelle. Für den Hausgebrauch haben sich Plastik-Frischhalteboxen bewährt. Hier mal ein preiswertes Mittelklasse-Modell:


Grindal Grindal
Frischhaltebox mit Seramis, Boden und Deckel durchlöchert und mit einem Vlies abgedeckt.



Grindal mögen es feucht, dunkel und warm! Temperaturen von 22°C bis 28° sollten es schon sein, sonst läßt die Vermehrungsquote durchaus zu wünschen übrig. Zumindest im Winter wenn die Raumtemperatur schon mal absinken kann ist der Aquariendeckel (dort, wo die Elektrik eingebaut ist) ein guter Platz.

Ein Zuchtansatz hält nicht beliebig lange. Wann er sich erschöpft ist schwer vorherzusehen. Es empfielt sich daher stets zumindest einen zweiten Ansatz nebenher mitlaufen zulassen, sofern man auf eine regelmäßige "Ernte" angewiesen ist. Feucht, dunkel und warm ist es nur in ihrer Box - deswegen läuft niemand Gefahr daß sich Grindal in der Wohnung ausbreiten. Die bleiben grundsätzlich in ihrer Box.


Substrat


Ich verwende Seramis. Das hat sich zum einen so ergeben, da ich meine ersten Zuchtansätze auf Seramis bekommen habe und Grindal sich kaum auf ein anderes Substrat umgewöhnen lassen. (Außerdem hab ich den Zuchtbehälter im Aquarienunterschrank, also in der Wohnung. Wenn da ein Torfbrösel rausfällt und ich trete drauf krieg ich das nicht mehr aus dem Teppichboden.) Scheinbar tiefgründige Entscheidungen können sehr banale Gründe haben. Es gibt aber auch genügend Leute, die auf Torf schwören, oder auf Torfgranulat, Anzuchterde, offenporiger Schaumstoff oder sogar Lavasplit.)

Seramis hat den Vorteil daß es leicht zu reinigen und wiederzuverwenden ist sobald es durch die Ausscheidungsprodukte der Bewohner verschmutzt ist. Dabei wird das Seramis in ein Netz, ein Küchensieb oder optimalerweise in einen Aquarienkescher umgefüllt und unter fließendes Wasser gehalten. Das durchfließende Wasser wird in einem Putzeimer aufgefangen. Die Grindal sinken darin zu Boden; das überstehende Wasser kann abgeschüttet werden, die Grindal lassen sich mit einem Teelöffel oder einer Plastikspritze aufsammeln und in das gereinigte Substrat zurückverfrachten.

Das Seramis im laufenden Betrieb zu lockern oder gar umzugraben ist nicht nötig.


Grindal



Bei solchen Aktionen läßt sich auch sehen, wie gut die Augen der Entdeckerin der Grindal gewesen sein mussten - sie konnte ja die Grindal in einem Haufen von Enchyträen aussortieren, weil Enchyträen sich unter Wasser verknäueln während Grindal sich zerstreuen und flüchten. Daß sie das eigentlich nicht tun ist hier gut zu sehen:


Grindal



Auch zu Beginn einer Zucht ist es ratsam, das Substrat noch vor dem Einbringen der Grindal kräftig durchzuwaschen um den darin befindlichen feinen roten Staub (Abrieb) zu entfernen. Der dürfte zwar keine Schäden anrichten, aber ebenso wenig schadet es, bei einen Neuansatz von Beginn an auf ein Mindestmaß an Sauberkeit und Sorgfalt zu achten. Die Häufigkeit des Substratauswaschens hängt natürlich von der Fütterungsmenge, der Temperatur und damit von der Besatzdichte ab; 2 - 3 Monate sollte aber ein Ansatz von normaler Größe ( z.B. 2,5 Liter Tupperware) und bei maßvoller Fütterung schon halten.

Hier mal eine Grindalpopulation, ca. 20 Minuten nach einer Fütterung untr einer Glasscheibe. Angelockt von Geruch kriechen sie aus den Tiefen des Substrats an um sich zu einem schleimigen Knäueln aufzuballen. Sobald die Schmelzflocken verputzt sind verschwinden sie wieder in dunklere Tiefen.


Grindal



Nahrung


Hier scheiden sich die Geister am entschiedensten. Wären die Grindal so heiklig in der freien Natur wie die Grindal-Züchter vorgeben, dann wären sie wohl längst ausgestorben. Es gibt Halter von Grindal, die behaupten, ihre Würmchen hätten bemerkt daß ihre Nahrung seit kurzem an einem anderen Standort gefertigt werde - nota bene: Nur der Standort der Produktion hatte sich geändert , nicht das Rezept oder die Zubereitung - und ihre Tierchen hätten bisweilen recht ungehalten, ja allergisch auf diese Veränderung reagiert - dabei wurde die Fertigung lediglich von Deutschland nach Niederlande verlagert ... Genauso gibt es Berichte daß auch Haferflocken oder auch Fischflockenfutter dauerhaft zuverlässig funktionieren.

Da der Fettgehalt der Grindal natürlich auch von ihrer Ernährung abhängt und bei Fütterung vorwiegend mit Kohlenhydraten und pflanzlichem Eiweiß deutlich zunimmt (auf Kosten des Eiweiß), empfiehlt Sterzel (1989) folgende Futtermischung für Grindal:
  • 80% Haferflocken
  • 5% entfettetes Sojamehl
  • 5% gesiebtes Fischmehl
  • 5% Nährhefeflocken
  • 5% Magermilchpuler
Das entspricht ca 5 bis 10 % an tierischem Eiweiß in der Trockensubstanz des Futters.

Ich füttere "Bio-Getreidebrei Schmelz-Reisflocken" der Firma milupa. (Das ist Babynahrung: Ein sanfter Einstieg ohne Zuckerzusatz, milchfrei und leicht verdaulich, glutenfrei, nach dem 4. Monat). Es gibt hier aber wie gesagt mehrere Möglichkeiten..




Man kann - um einer möglichst feine Futterverteilung zu erreichen - die Schmelzflocken in einer Mühle oder einem Mörser zerpulvern und mit einem Salzstreuer auf das Substrat aufbringen. Das dürfte auch dem fast mikroskopisch kleinen Nachwuchs zugute kommen, der noch keine weiten Strecken im Substrat zurücklegen kann.

Die Fütterung erfolgt täglich, sinnigerweise zusammen mit dem Fischefüttern. Die Menge sollte so bemessen sein daß am nächsten Tag sicher alles aufgefressen ist - oder noch weniger. Futterreste können einem den Ansatz ziemlich scnell verderben - sichtbar an den Verfärbungen und Rückständen. Als Richtwert gilt eine sparsame Prise: Das was man zwischen Daumen und Zeigefinger halten kann. Aber lieber mal selber ausprobieren!

Falls die Grindal mal hungern müssen ist das nicht unbedingt dramatisch - 5 Tage ohne Futter halten sie schon aus. Vermutlich noch deutlich mehr. (Auf die Vermehrungsquote wird sich das aber wohl nicht sonderlich gut auswirken.) Das einzige was Grindal wirklich schnell umbringt ist ein vollständiges Austrocknen des Substrats.

Falls man eine geringe Populationsdichte hat, z.B. frisch nach dem Animpfen, empfielt es sich morgens und abends kleine Portionen zu füttern.




Behälter


Plastikboxen aller Art, von der Keksdose bis zur Tupperware. Eine Belüftung in Form von reingebohrten Löchern ist vermutlich unumgänglich. Aus eigener Erfahrung bevorzuge ich Pausenbrotboxen, die dicht abschließen und in die ich sowohl in den Deckel als auch inden Boden einige nicht zu enge Öffnungen reingebohrt hab. (Bohrlochgröße über 5 mm ∅) Die Belüftungslöcher im Deckel sind mit Gaze überklebt damit keine Milben oder Springschwänze reinkommen. Auch eine bestimmte Sorte von kleinen Fliegen, die sich sonst gerne in Blumentöpfen auf der Torfoberfläche aufhält und dort flügelschlagend hin und herwuselt (Trauermücken?) nistet sich gerne ein. Direkte Schädlinge sind das nicht, vielleicht aber Nahrungskonkurrenten.

Auf den Boden habe ich ebenfalls ein Vlies ausgebreitet, das die Belüftungslöcher überdeckt und das Seramis daraufgeschüttet. Außerdem reduzieren die Vliese die Verdunstung. Hier jetzt eine größere Box (2,5 Liter Inhalt); der Deckel der dahinter liegt ist mit einem Staubsaugerfiltervließ beklebt. Als Sammelstelle für Grindal liegen hier zwei Stücke Glas drin.


Grindal



Das Seramis braucht nicht höher zu sein als ca. 5 cm, da die Würmchen ohnehin nicht tiefer ins Substrat hineinbewegen. Wichtig ist allerdings regelmäßige Befeuchtung mit einem Pflanzensprüher. Falls das Seramis beginnt trocken zu werden erkennt man das an der Farbe - es wird heller und matter; dann ist für eine kräftige Befeuchtung höchste Zeit. Oben auf das Substrat wird eine Plastikscheibe gelegt; unter ihr sammeln sich die Grindal (weil sie die hohe Luftfeuchte lieben).

Zum Füttern wird die Scheibe rausgenommen und an ihrer Stelle vorsichtig die Schmelzflocken drübergepudert und mit dem Sprüher angefeuchtet. Welches Plastik man nimmt ist egal - DVD-Hüllen tuns genauso wie irgendetwas anderes. Wer Zigaretten selber dreht hat mit den Tabakdosendeckeln wohl was besonders cooles.

Das Verfüttern erfolgt ebenso von der Scheibe runter; die Grindal kann man z.B mit einer alten Zahnbürste aufnehmen und ins Aquarium ihrem Schicksal zuführen.


Nährwert


Grindal ist Kraftnahrung! So einfach könnte man das auf einen Nenner bringen. Tatsächlich ist nicht nur der Proteinanteil sondern auch der Fettanteil relativ hoch, so daß eine dauerhaft tägliche Fütterung oder gar die Alleinverfütterung von Grindal nicht ratsam ist. Man sollte da zum Ausgleich mit fettarmer Kost wie Wasserflöhen abwechseln, die fast fettfrei sind (und im wesentlichen aus Wasser und Schale bestehen). Problematisch ist auch der hohe Anteil an Kollagen, das in einem Fischmagen praktisch nicht verdaut werden kann. (Fische haben nur schwach saure Mägen, die das Kollagen nicht denaturieren können. Ebenso fehlt ein geeignetes Enzym.) Bei übertriebener Fütterung kann dieses Kollagen bewirken daß der Kot sich heller färbt und in Fäden aus dem After austritt. Gleichzeitig erfolgt eine explosionsartige Vermehrung von Darmflagellanten. In einem solchen Fall ist eine ein - oder zweitägige Fütterungspause einzuhalten. Anschließend wird Futter mit hohem Chitinanteil gegeben (Ballaststoff!), etwa adulte Drosophila oder Wasserflöhe. Solange man bei erwachsenen Fischen nicht jeden Tag Grindal füttert sondern es bei 2 bis 3 Mal die Woche und einer mäßigen Menge beläßt, sollte es keine Probleme geben.


Zusammensetzung von frischen Grindal:
(Nach Bremer)

Wasser 75 %
Protein 15 %
Fett 6 - 10 %


Ins Wasser eingebracht sinken Grindal langsam zu Boden und überleben dort noch mehrere Stunden - Zeit genug um gefressen zu werden statt mit ihren sinnlos gestorbenen Körpern die Wasserchemie zu beeinträchtigen. (In einem Glas mit ca 1 cm Wasserstand überleben Grindal bis zu 48 h) Es tritt aber nur selten der Fall ein, daß es ein Grindal bis zum Boden schafft - meine Platys sind mehr als gierig nach diesen Häppchen. Durch ihren weichen Körper (ähnlich wie bei Drosophila-Maden) schaffen es bereits recht junge Fische, sich den Bauch mit ihnen vollzuschlagen.










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